Kein Bedarf? Warum der öffentliche Sektor Karrierewebsites braucht

Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst gibt es wie Sand am Meer – schließlich ist die öffentliche Hand der größte Arbeitgeber. Alleine die Stadt München beschäftigt mit 32.000 Mitarbeitern mehr Angestellte als die Drogeriekette Müller in ganz Deutschland. Dennoch: Wer sich auf den Webpräsenzen von Städten, Gemeinden, Landratsämtern und öffentlichen Einrichtungen umsieht, kommt schnell zum Schluss, dass die Vermarktung dieser Jobs alles andere als im Vordergrund steht.

Warum eigentlich?

Eine einfache Antwort wäre: Wer bei einer öffentlichen Einrichtung arbeiten will, findet andere Wege. Viele Stellen sind in der Lokalzeitung, bei höheren Eingruppierungen auch in den überregionalen Tageszeitungen zu finden. Außerdem sind sie – von meinestadt.de bis zur Seite des Bundesverwaltungsamt – online gut recherchierbar. Doch mit der Bewerbererwartung von heute hat das nicht mehr viel zu tun. Denn potenzielle Mitarbeiter möchten genau wissen, womit und mit wem sie es zu tun haben werden: Was sind die Leistungen? Wie sind die Entwicklungsperspektiven? Wovon ist eine Befristung abhängig? Stellenanzeigen geben solche Informationen selten her. Und auf den Webpräsenzen vieler öffentlicher Einrichtungen findet man hierzu ebenfalls: nichts.

Trotz Sparzwang: Pensionierungswelle führt zu steigendem Bedarf

Vielleicht haben es öffentliche Einrichtungen schlicht und einfach nicht nötig. Schließlich spitzt sich die finanzielle Lage der Kommunen immer weiter zu. Die Personalkosten sind da mit rund einem Drittel Anteil an den Gesamtkosten ein beträchtliches Einsparpotenzial. Einige Städte und Kommunen haben bereits Einstellungs- und Nachbesetzungsstopps verhängt. Wozu also um Personal werben, wenn die Zeichen so oder so auf Kostenreduzierung stehen? Doch derlei Argumente greifen zu kurz. Zum einen rollt aufgrund des steigenden Durchschnittsalters eine Pensionierungswelle auf Ämter, Behörden und weitere öffentliche Einrichtungen zu, die zu steigendem Bedarf an neuen Mitarbeitern führen wird. Zum anderen sollen öffentliche Einrichtungen mit immer weniger Geld immer mehr erreichen. Wollen Sie handlungsfähig bleiben, können Sie es sich schlicht und einfach nicht leisten, im Wettbewerb um kluge Köpfe (War-of-Talents) zurückzustehen.

Ralf Jäger, Innenminister Nordrhein-Westfalens, hatte also in mehrfacher Hinsicht recht, als er vor Jahresfrist auf einer Tagung des Deutschen Beamtenbunds darauf hinwies, dass man mehr unternehmen müsse, um die die Attraktivität einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst herauszustellen. Dreh- und Angelpunkt dafür ist die Karrierewebsite – auf sie verweisen im Idealfall alle Werbemaßnahmen, von der Broschüre bis zum Onlinebanner, vom Flyer bis zur Stellenanzeige. Arbeitgeber wie die Stadt Hamburg haben das das verstanden – und stellen sich auf Ihrer Webpräsenz ausführlich als Arbeitgeber dar. Von einer Vorteilsübersicht über ausgesuchte Personalmanagementthemen wie Work-Life-Balance und vielen weiteren Informationen kann das Angebot der Hansestadt dabei mit dem Standard mithalten, den private Unternehmen im Personalmarketing etabliert haben. Ähnliches gilt für die Stadt München.

Also alles eine Frage der Größe und des Budgets? Der Schein trügt. Denn ansprechende Karrierewebsites sind weder ein Hexenwerk noch zwingend mit großen Budgets verbunden: Von der Out-of-the-box-Lösung bis zur individuellen Programmierung durch (Personalmarketing-)Agenturen bietet der Markt Lösungsansätze für fast jeden Geldbeutel. Entscheidend ist vielmehr, dass sich Personalverantwortliche im öffentlichen Sektor bewusst werden, worauf es bei Karriereseiten ankommt.

Wie es geht, haben andere längst gezeigt

Dazu braucht es vor allem gesunden Menschenverstand und Erfahrungswerte zum Informationsverhalten von Bewerbern. Darüber hinaus kann natürlich auch ein Blick auf die Karrierewebsites erfolgreich rekrutierender Unternehmen nicht schaden. Dabei fällt auf: Moderne Karrierewebsites orientieren sich konsequent an den Bedürfnissen potenzieller Mitarbeiter. Sie sprechen ihre Zielgruppen möglichst früh möglichst differenziert an – und versuchen, beispielsweise unterteilt nach Schülern, Studenten, Absolventen und Berufserfahrenen, spezifische Nutzenargumentationen aufzubauen.

Folgt man dem Aufbau guter Karriereseiten in die Tiefe, zeigt sich, dass der Einstieg auf der obersten Navigationsebene meist emotional und bildlastig gehalten ist – mit jedem Klick „tiefer“ nimmt der Informationsanteil zu. Ziel einer Karrierewebsite sollte immer sein, den Bewerber vom Angebot zu überzeugen und ihn zu einer Handlung zu führen – zum Beispiel zur Bewerbung oder zur Kontaktaufnahme. Dabei gilt es, die Hemmschwelle möglichst niedrig zu halten. So zeigt die Erfahrung, dass es Interessenten leichter fällt, eine E-Mail-Adresse anzuschreiben oder eine Telefondurchwahl zu wählen, wenn das Porträtbild des Ansprechpartners danebensteht. Auch die Stellenbörse sollte immer nur höchstens drei Klicks entfernt sein – sie ist der Navigationspunkt, den 90 Prozent aller Besucher ansteuern.

Nach der Bewerbung ist vor der Einstellung

Klickt der Interessent auf die Jobbörse oder gar auf ein passendes Stellenangebot, ist der Arbeitgeber noch lange nicht am Ziel. Gerade der öffentliche Sektor steht im Ruf, Bewerbungsprozesse extrem in die Länge zu ziehen. Nur zögerlich verabschieden sich öffentliche Einrichtungen vom Bewerberhandling via Exceltabelle. Dabei bieten Bewerbermanagementsysteme heutzutage einen deutlich vereinfachten und damit beschleunigten Workflow – und sind auch in Sachen Datenschutz und verschlüsselung auf dem Stand. Auch das Argument hoher Implementierungskosten verfängt nur auf den ersten Blick: Wo Personaler mit Tabellen hantieren und Bewerbungen per „Weiterleiten“ an den Fachbereich senden, multipliziert sich der Aufwand für die Gewinnung neuer Mitarbeiter. Wie es anders geht, hat die Universitätsmedizin Mannheim bewiesen: Sie hat 2011 auf ein Bewerbermanagementsystem umgerüstet – und damit ihre Time-to-hire von 121 auf sagenhafte 17 Tage verkürzt.

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